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  2. Berenice Güttler, Atelieransicht 2023

    Berenice Güttler, Atelieransicht 2023

    Berenice Güttler, Atelieransicht 2023

    Berenice Güttler, Atelieransicht 2023

    Christian Pilz, o.T., Tusche auf Papier, 21 x 15 cm, 2023

    Christian Pilz, o.T., Tusche auf Papier, 21 x 15 cm, 2023

    Ev Pommer, Fluss, Tusche auf bedrucktem Papier, 98 x 73 cm, 2020

    Ev Pommer, Fluss, Tusche auf bedrucktem Papier, 98 x 73 cm, 2020

    Jochen Schneider, oT, Graphit auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2021

    Jochen Schneider, oT, Graphit auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2021

    Annette Kufner,  o.T., Bleistift auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2023

    Annette Kufner,  o.T., Bleistift auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2023

    Anna Roberta Vattes, Whirlewind, Tusche auf Papier, 168,2  x 118,8 cm, 2023

    Anna Roberta Vattes, Whirlewind, Tusche auf Papier, 168,2  x 118,8 cm, 2023

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      Berenice Güttler, Atelieransicht 2023

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      Christian Pilz, o.T., Tusche auf Papier, 21 x 15 cm, 2023

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      Ev Pommer, Fluss, Tusche auf bedrucktem Papier, 98 x 73 cm, 2020

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      Jochen Schneider, oT, Graphit auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2021

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      Annette Kufner,  o.T., Bleistift auf Papier, 29,7 x 21 cm, 2023

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      Anna Roberta Vattes, Whirlewind, Tusche auf Papier, 168,2  x 118,8 cm, 2023

    Zeichenraum
    exploded view

    Eröffnung Freitag 22. September 2023 19 Uhr

    23. September 2023 ─ 21. Oktober 2023
    Berenice Güttler, Annette Kufner, Christian Pilz, Ev Pommer, Jochen Schneider und Anna Roberta Vattes

    galerie oqbo | raum für bild wort und ton
    Brunnenstr. 63 | 13355 Berlin
    Öffnungszeiten | Do Fr Sa > 15 - 18 Uhr

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    Will man einen Gegenstand gänzlich beschreiben, anstatt ihn „nur“ zu bezeichnen, kommt man um Teilungen nicht umhin.1

    „Exploded Views“ (Explosionszeichnungen) sind Gebrauchsgrafiken, die auf solche Weise beschreiben. Man findet sie etwa in Bauanleitungen von IKEA Möbeln. Elemente eines meist technischen Körpers, werden dort derart perspektivisch im Raum verteilt, als befände er sich im Moment einer Sprengung. Die schematische Trennung in Einzelteile ermöglicht, deren Existenz, Position und Beziehung mental zu erkennen.2 Dabei wird neben dem Raum auch die Zeit zu einer Dimension der Zeichnung.

    Das Ganze, so scheint es, lässt sich ohne die Teilung nicht erfassen. Aber auch die Wahrnehmung scheint gespalten. Zeit, Raum und Beziehung residieren weder im flachen, stillen Papier noch ausschließlich im Subjekt. Ein so paradox, von außen begriffenes Ganzes wirft zurück und deutet eine Einheit an, die nur schwer zu ertragen ist.3 Die Ausstellung „Exploded Views“ erkundet das Medium Zeichnung anhand von Aufbrüchen dieser Art. (Be-)zeichnend tastet sie voraus, setzt Perspektive in Perspektive, fühlt nach und sprengt den Rahmen des Mediums – ganz ohne dabei in Brand zu stecken.

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    Text von Felix von der Weppen

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    1Nehmen wir den Tetraeder, eine pyramidale Form aus vier gleichseitigen Dreiecken. Für Platon symbolisierte dessen Symmetrie das Element Feuer und repräsentierte eine unteilbare (von altgr. ἄτομος átomos) Idee aus einer höheren, unsichtbaren Realität. Im Gegensatz dazu sah sein Schüler Aristoteles die sichtbare Welt der Teile nicht als Trugschluss, sondern als wesentliche Erkenntnisgrundlage, die es analytisch zu beschreiben gilt. Obwohl in Platons Gleichnissen Spuren eines modernen, atomaren Verständnisses zu finden sind, inspirierten sie an erster Stelle die Entstehung von Christentum und Islam und lähmten damit zumindest in Europa über Jahrhunderte hinweg den naturwissenschaftlichen Fortschritt.

    2 Explosionszeichnungen haben ihre Wurzeln in der Renaissance. Im Zuge des neu entfachten Interesses an aristotelischen Schriften entwickelten Architekten und Künstler mathematische Prinzipien für die perspektivische Darstellung und sprengten damit ihrerseits gewissermaßen den flachen, metaphorischen Raum, bzw. das göttliche Ganze des frühen Mittelalters. Der Begriff entstand jedoch vermutlich erst in den 1930er und 40er Jahren. In dieser Zeit wurden 'Exploded Views' vielfach Frauen in der Rüstungsindustrie vorgelegt, um auch ohne Vorkenntnisse die Arbeit von Männern zu übernehmen, die sich an der Front befanden. Ikonische Plakate wie „We can do it!“ zeugen von dieser Zeit. (Siehe Gnegel, Frank, 2015. "Wenn Technik explodiert: Zur Geschichte und Bedeutung von Explosionszeichnungen." Das Archiv, 2, 16-21)

    3 Das Erfassen von Darstellungen wie Explosionszeichnungen setzt eine Fülle an subjektiven Erfahrungen voraus. Ohne die mentale Präsenz des unsichtbaren, zusammengefügten Ganzen (wie auch 'heil' oder 'heilig', vom indogermanischen 'hail' – 'unversehrt'), lassen sich Position und Beziehung der sichtbaren Teile nicht erfassen. Wie der Phänomenologe Maurice Merleau-Ponty postulierte, ist das Unsichtbare keine einfache Abwesenheit, sondern ein anwesender und grundlegender Bestandteil der Wahrnehmung selbst. Darüber hinaus sind dem betrachtenden Subjekt Eigenschaften, wie etwa die unsichtbare Rückseite eines Gegenstandes, als Teil der Erfahrung bewusst, doch dieser Teil residiert, der Wahrnehmung nach, nicht im sehenden Subjekt, sondern im gesehenen Objekt. Eine solche Verschränkung von Subjekt und Objekt, wie sie von mystischen Traditionen nach wie vor als Einheit besungen wird, deutet vor allem eine Zerrissenheit des Leibes an, mit dem wir die Welt abtasten, die sich schwer in Worte fassen und wohl noch schwerer heilen (ganz machen) lässt. Die Kunst, schreibt Merleau-Ponty, schöpft „aus jener Schicht unverarbeiteter Sinneserfahrung, von der das aktivistische Denken nichts wissen will.“ (vgl. Merleau-Ponty, M., 'Das Auge und der Geist: Philosophische Essays', Hg. C. Bermes, 2003)